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Verantwortung ist nicht teilbar

Drei Jugendliche spielen mit einem Ball in der Eingangshalle eines Schulhauses. Dabei passiert es: Eine Scheibe geht in Brüche. Die Versicherung wird wohl für den materiellen Schaden aufkommen. Wen aber wird die Aufsichtsperson für das unerlaubte Ballspielen zur Rechenschaft ziehen? Nur den Knaben, welcher die Scheibe zerschlagen hat oder alle drei Ballspieler? – Richtig, alle drei haben gegen die Regel „Ballspielen verboten" verstossen, deshalb müssen alle drei mit einer Zurechtweisung oder Strafe rechnen. Dass dabei eine Scheibe in Brüche gegangen ist, hat lediglich geholfen, die Verletzung der Regel zu entdecken.

Auch als Erwachsene müssen wir mit Konsequenzen rechnen, wenn wir Regeln nicht einhalten. Und zwar unabhängig davon, ob ein sichtbarer Schaden entstanden ist oder nicht. Versuchen Sie doch sonst einmal eine Busse wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit oder eine Parkbusse mit der Begründung anzufechten, es sei ja nichts passiert, niemand sei zu Schaden gekommen.

Je nach Situation sind wir auch gewohnt, dass eine ganze Gruppe die Konsequenzen für das Verhalten von einem oder mehrerer Gruppenmitgliedern trägt. Denken wir zum Beispiel an eine Fussballmannschaft, welche nach einem Platzverweis eines Spielers in Unterzahl weiterspielen muss. Die ganze Mannschaft muss die Konsequenzen für das Fehlverhalten eines einzelnen Spielers tragen.

Wann genau werden wir aber zur Rechenschaft gezogen, obwohl wir vielleicht „nur" indirekt beteiligt waren? Die entscheidende Frage lautet: „Habe ich mit meinem Verhalten direkt oder indirekt zu diesem Ereignis beigetragen?" Durch die selbstehrliche Beantwortung können wir feststellen, ob wir verantwortlich sind oder nicht. Diese Frage kann jeweils nur mit einem klaren „Ja" oder „Nein" beantwortet werden, d.h. wir tragen für ein bestimmtes Ereignis Verantwortung oder nicht. Verantwortung gibt es nicht in Abstufungen, wie z.B. „stark verantwortlich" oder „ein bisschen verantwortlich".

Wurde ein Ereignis durch eine Gruppe von Personen (Fussballteam, Geschäftsleitung, Abteilung, usw.) beeinflusst, so ist jedes Mitglied dieser Gruppe voll verantwortlich für die Konsequenzen. Besteht diese Gruppe aus 5 Mitgliedern, so trägt nicht etwa ein einzelnes Mitglied nur 20% der Verantwortung, sondern jedes Mitglied trägt die volle Verantwortung. Nur wenn sich ein Mitglied mit allen sinnvollen Mitteln gegen den Entscheid gewehrt hatte, ist es für die Konsequenzen des gegen seinen Widerstand gefällten Entscheides nicht verantwortlich. Durch Schweigen („ich will nicht negativ auffallen" oder „die anderen lassen sich sowieso nicht überzeugen") kann man sich der Verantwortung hingegen nicht entziehen. Gerade als Mitglied einer Gruppe bekommen wir viele Chancen, Entscheidungen in einem positiven Sinne zu beeinflussen. Wir setzen uns aber auch dem Risiko aus, durch passives Verhalten unsinnige Entscheidungen zuzulassen und damit für deren Konsequenzen verantwortlich zu sein.

Die drei Ballspieler im oben erwähnten Beispiel wurden zur Rechenschaft gezogen. Analog verhält es sich im Leben: Unser heutiges Verhalten – insbesondere ob wir unsere Verantwortung wahrnehmen – bestimmt unsere Zukunft. Indem wir unsere persönlichen Verantwortung wahrnehmen, können wir unsere Zukunft am effizientesten positiv beeinflussen.

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