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Wahrnehmungsfähigkeit

Kehren wir nun wieder zurück zur Beschreibung der mensch­lichen Entwicklung zum Leben der Grundrechte des Seins, zur Errei­chung der Harmonie mit sich selbst. Wir wollen als näch­sten Schritt betrachten, was sich bei einer Person verändert, wenn sie die Voraussetzung für die Entwicklung erfüllt, d.h. sie ohne Vorbe­dingungen und aus eigenem, freien Willen die Grundrechte des Seins respektieren möchte und die dazu not­wendigen Schritte unternimmt.

Wir haben gesehen, dass wir die menschliche Entwicklung mit dem Erlangen von Virtuosität in irgend einer Tätigkeit (zum Bei­spiel Musik spielen, Sport, Handwerk, usw.) vergleichen können. Die Grundrechte des Seins (gleichwertiges Recht für alle Wesen, auf der Erde zu sein, sich zu entwickeln und ihre Aufgaben aus­zuführen) müssen so stark verinnerlicht werden, dass wir in jeder Situation automatisch, ohne nachzudenken danach handeln. Wenn wir diese Entwicklung durchlaufen wollen, wird uns unser Unterbewusstsein unter anderem mit der subjektiven Wahrneh­mung (Brillenmodell) helfen, die Ursachen für Verletzungen der Grundrechte des Seins zu beseitigen. Wir lernen Schritt für Schritt und bauen so unsere Pyramide der menschlichen Entwicklung. Im Zuge unserer persönlichen Entwicklung steigt auch unsere Wahr­nehmungs­fähigkeit für alles was uns umgibt und für wichtige Zusam­menhänge im Leben. Insbesondere steigen auch unsere Fähig­keiten, für die Respektierung der Grundrechte des Seins wich­tige Informationen intuitiv wahrzunehmen und sie auszu­werten.

Auch die Zunahme der Wahrnehmungsfähigkeit für alles, was direkt oder indirekt mit einer virtuos ausgeübten Tätigkeit zu­sammenhängt, kennen wir aus dem täglichen Leben:

Ein Berufschauffeur nimmt während der Fahrt wesentlich mehr Informationen auf als ein Gelegenheits-Autofahrer. Letzterer ist mit der Tätigkeit «Autofahren» bereits voll ausge­lastet während «es» beim Berufschauffeur «automatisch fährt».

Ein guter Bergführer spürt oft die drohende Lawinengefahr und meidet ganz intuitiv gefährdete Hänge. Er hat gelernt, wie er seinen Sinnen vertrauen kann. Der Gelegenheitsbergsteiger ist jedoch in der Regel auf seinen Intellekt angewiesen, welcher das Lawinenbulletin aus Radio, Fernsehen oder der Zeitung inter­pretiert. Er ist in den Bergen zu wenig «in seinem Element», seine Sinne sind für das Wahrnehmen der Lawinen­gefahr nicht allzu gut trainiert. Es wäre sogar gefährlich, wenn er sich darauf verlassen würde, die Gefahr zu spüren!

Dasselbe Musikstück, einmal von einem Virtuosen und das andere Mal von einem durchschnittlichen Musikspieler vorge­tragen, hört sich anders an, obwohl beide genau dieselben Noten spielen – der Virtuose kann mehr wahrnehmen und auch mehr ausdrücken als der durchschnittliche Spieler. Wes­halb würden wir denn sonst zu Konzerten von bekannten Künstlern gehen, wenn jeder fortge­schrittene Musikschüler gleich gut spielen würde? Weshalb besteht ein Unterschied zwischen Musik auf CD und «live» vorge­tragener Musik?

Aus obigen Beispielen wird klar, dass die betroffene Person jeweils gewisse Sinne zum Erfassen und Auswerten von Infor­ma­tionen aus der Umwelt für die Vervollkommnung ihrer Tätigkeit speziell trainiert hat. Ebenso scheint sich der Virtuose eine bestimmte Ausdrucksfähigkeit oder Ausstrahlung in Bezug auf seine Tätigkeit angeeignet zu haben. Welche Sinne und welche Informationen davon genau betroffen sind, ist in den meisten Fällen schwierig zu sagen. Ebenso wenig können wir wissen­schaftlich erklären, wie die Informationen ausge­wertet oder gesendet werden. Die Unterschiede in der Wahr­nehmungs- und Ausdrucksfähigkeit zwischen jemandem, welcher eine gewisse Tätigkeit «ist», in ihr aufgeht, und jeman­dem, welcher dieselbe Tätigkeit nur ausführt, sind jedoch in den meisten Fällen eklatant.

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