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Trainingslager

Kommen wir zurück auf die eingangs gestellte Frage, wie das Respektieren der Grundrechte des Seins am besten erlernt wer­den kann. Eigentlich sind wir alle bereits daran, dies zu üben – nur sind wir uns dies in der Regel nicht bewusst. Betrachten wir des­halb die Entwicklung der Menschen:

In unserem Alltag werden wir täglich mit vielen Situationen kon­frontiert, wo wir die Grundrechte des Seins, bzw. die daraus folgenden Gesetze einhalten oder verletzen können. Dabei dürfen wir nicht zu weit suchen, jede Handlung, sogar jeder Gedanke bietet uns Gelegenheit dazu: Was kaufen wir ein, wie kochen wir, wie gehen wir mit den Mitmenschen (Partner, Kinder, Mitarbeiter, Vorgesetze) um, wie behandeln wir Tiere und Pflanzen, die Natur, usw.

Wir können uns unser Leben als eine Art Trainingslager, eine Schule oder eine Universität vorstellen. Vor der Geburt haben wir uns vorgenommen, gewisse uns noch fehlende Fähigkeiten für das konsequente Leben der Grundrechte des Seins in diesem Trainingslager zu erarbeiten. Wir wählen uns die dafür am besten geeignete Umgebung aus und werden geboren (inkarniert). Zu der gewählten Umgebung gehören zum Bei­spiel unsere Eltern, unsere Geschwister, das geographische Gebiet, die Mitmenschen, usw. Dies sind indirekt unsere Trai­ner und Sparringpartner. Nach der Geburt liegt es an uns, das Trainingsangebot entsprechend zu nutzen und die ange­strebten Fähigkeiten zu entwickeln. Nichts und niemand zwingt uns dazu. Durch «Zufall» gelangen wir immer wieder in Situationen, welche uns das Lernen der angestrebten Fähig­keiten ermöglichen sollen (siehe unten). Dies ist unser Trai­ningslager.

Nach unserem Tod wird die Situation wieder neu beurteilt und es werden die Vorbereitungen für das nächste Trainingslager, für unsere nächste Reinkarnation1), vorgenommen.

Durch diesen Zyklus der Geburt und Wiedergeburt kann das höch­ste aller Ziele – die totale Harmonie mit sich selbst und der Welt, schrittweise erreicht werden. Wer das Angebot im Trai­ningslager – also im täglichen Leben – intensiv und konsequent nutzt, wird unweigerlich raschere Fortschritte erzielen, als jemand, welcher sich nicht um das Training kümmert.

Vergleichen wir dies mit dem Sport: Angenommen, wir wollen unsere Ausdauerleistung verbessern und entschliessen uns, an einem unserem aktuellen Können angepassten Trainingslager teilzunehmen. Wir schauen, wer sonst noch in dieses Lager geht (fragen vielleicht noch ein paar Freunde, ob sie auch mit­kommen wollen), wählen ein Lager aus und gehen schlussend­lich dort hin. Je nach dem gewählten Lager können wir dauer­laufen in der Natur oder auf Kunstbahnen, Fahrrad fahren, wandern, bergsteigen, schwimmen, usw. Wenn wir von diesem Angebot profitieren, wird sich unsere sportliche Ausdauer­fähigkeit mit der Zeit bestimmt verbessern. Benützen wir diese Gelegenheiten jedoch nicht, so wird sich unsere Ausdauer­leistung nicht verbessern, vielleicht wird sie sich sogar ver­schlechtern.
Verhalten wir uns noch extremer und stören die anderen Lager­teilnehmer zum Beispiel indem wir während der Nacht Lärm in der Unterkunft veranstalten, so werden diese dadurch weniger gute Trainingsergebnisse erzielen als dies ohne unsere Teilnahme möglich gewesen wäre!

Es liegt nur an uns, ob wir persönlich Fortschritte oder Rück­schritte erzielen, oder ob wir sogar andere beim Erreichen ihrer Ziele hindern!

Die persönliche Entwicklung zur totalen Harmonie ist selbst­ver­ständlich auf verschiedene Art und Weise möglich. Es gibt nicht eine vorgeschriebene Reihenfolge oder einen vorge­schriebenen Stundenplan wie etwa in einer Schule.
Gemäss den Grundrechten des Seins wird jedem Wesen unter anderem die Möglichkeit und Freiheit gewährt, sich persönlich zu entwickeln. Deshalb kann sich jedes Wesen seinen persön­lichen Weg und die passende Geschwindigkeit selbst aus­suchen. Nur der Lernumfang – die Grundrechte des Seins zu leben – ist für alle gleich.

Das Selbstbestimmungsrecht für alle Wesen geht dabei so weit, dass jede(r) nach freiem Ermessen in seinem Leben auch nach anderen Zielen streben kann, zum Beispiel nach finanziellem Reichtum, Ruhm, Macht über andere, Ansehen, Sex, Beliebt­heit, usw. Ausser unserem eigenen Antrieb in uns selbst für die Suche nach dauernder Harmonie und Frieden, gibt es keine Kräfte, welche uns zum Leben der Grundrechte des Seins zwingen. Unsere freie Wahl wird respektiert. Wir müssen allerdings auch mit den Konsequenzen dieser Wahl leben.

Wie beim Erlernen von allen Fähigkeiten (zum Beispiel Musik spielen, Sport, usw.) kann man sich die entsprechenden Auto­ma­tismen und Eigenschaften nur schrittweise aneignen. Genau so wenig, wie es genügt ein Buch über das Violine-Spielen zu lesen, um auf der Violine spielen zu können, genügt es auch nicht, ein Buch über die Grundrechte des Seins zu lesen, um dieses Gesetz im Leben umzusetzen. «Übung macht den Meister» gilt hier wie anderswo! Ein guter Trainingsplan kann das Lernen aber wesent­lich effizienter und freudvoller gestal­ten. Eine ausgewogene Dosis an Herausforderungen und Zwischenerfolgen ist enorm wichtig, um rasch dauerhafte Lernfortschritte erzielen zu können. Weder zu anspruchsvolle Aufgaben noch dauernde Unterforderungen brin­gen uns weiter. In dem wir uns in unseren Gedanken bewusst werden, dass wir die Grundrechte des Seins leben wollen, werden wir unserem eigenen, optimalen Trainingsplan automatisch folgen. Wir werden später bei der Betrachtung der Verantwortung aus der Übernahme von Aufgaben nochmals auf die Wichtigkeit hinweisen, Aufgaben in der zum persönlichen Entwicklungs­stand passenden Schwierigkeit zu lösen, seine Fähigkeiten ehrlich einzuschätzen.

Wer die vielen Möglichkeiten im Leben als persönliche Chan­cen auffasst und beherzt versucht, die Grundrechte des Seins in jeder Situation zu leben, wird grosse Fortschritte machen können. Über mehrere Inkarnationen wird er dem Ziel aller Lebewesen, der höchsten Stufe in der Bedürfnishierarchie, immer näher kommen und das Ziel für sich persönlich schluss­endlich erreichen.

Vor jeder wichtigen Entscheidung sollten wir uns deshalb fragen, was dies uns bringen wird. Nicht in Bezug auf Finan­zen, Prestige, Macht, usw. sondern in Bezug auf unsere persönliche Entwick­lung. «Kann ich anhand dieser Tätigkeit meine Fähig­keiten zum Leben der Grundrechte des Seins weiter ent­wickeln bzw. üben?» lautet eine entscheidende Frage beim Über­nehmen von Aufgaben. Wer sich solche Fragen stellt und sich nicht scheut, aus den Ant­worten die entsprechenden Konse­quenzen zu ziehen, wird bald Tätigkeiten ausführen, wo er sich optimal entwickeln kann.

 


1) Weder die Existenz noch die Nicht-Existenz der Reinkarnation lässt sich wissenschaftlich beweisen. Wir sind bei dieser Beurteilung auf unser eigenes Wissen, auf unser inneres Gespür bzw. unsere Intuition angewiesen. Wer mit dem Konzept der Reinkarnation wirklich nichts anfangen kann, akzeptiert vielleicht als Kompromiss, dass wir unsere ungelösten Probleme an unsere Nachkommen übergeben. Was wir in unserem Leben nicht schaffen, müssen demzufolge unsere Nachkommen lösen.

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