In den vergangenen Kapiteln haben wir immer wieder betont, wie wichtig es ist, sich persönlich Ziele für das Leben zu setzen. Dazu gehört selbstverständlich auch eine regelmässige Kontrolle oder Überwachung, ob wir unseren Zielen auch wirklich näher kommen. Bei den meisten Firmen werden zum Beispiel Ziele und Budgets jeweils für ein Jahr gesetzt und die Zielerreichung wird periodisch, mindestens einmal im Jahr überprüft. Was sich bei Firmen bewährt hat, kann auch für uns persönlich sehr hilfreich sein.
Die Kontrolle unserer Fortschritte muss dabei den gewählten Zielen angepasst werden. Wir müssen uns klar werden, wie wir unsere Entwicklung messen wollen. Nach welchen Kriterien wir beurteilen wollen, ob wir unserem Ziel näher gekommen sind. Die Zielsetzung und die dazugehörenden Beurteilungskriterien für Fortschritte auf dem Weg zum Ziel gehören eng zusammen. Wenn wir uns als Ziel gesetzt haben, das Klavierspiel zu erlernen, so können wir unsere Fortschritte zum Beispiel anhand der Musikstücke messen, welche wir in der Lage sind zu spielen. Unser Körpergewicht oder der Kontostand unseres Sparkontos haben damit wenig zu tun, sie sind als Beurteilungskriterien für Fortschritte im Klavierspielen ungeeignet. Was an diesem Beispiel so offensichtlich erscheint, führt im täglichen Leben aber häufig zu Schwierigkeiten und Problemen.
Man muss sich den Zusammenhang zwischen Zielsetzung und Beurteilungskriterien für Fortschritte vor allem dann bewusst sein, wenn man seine persönlichen Zielsetzungen ändert, wenn man alte Zielsetzungen aufgibt und durch neue ersetzt. Oftmals ändern wir unsere Zielsetzung, bewerten aber unsere Fortschritte nach wie vor mit den Beurteilungskriterien der früheren – nicht mehr gültigen – Ziele. Bemerkt man dies selbst nicht, so verfolgt man oft nach kurzer Zeit bereits wieder die alten Ziele. Schliesslich möchte man ja Fortschritte machen…
Eine grosse Anzahl Personen in der westlichen Welt verfolgt in erster Linie finanzielle Ziele. Mit minimalem Aufwand ein Maximum an finanziellen Mitteln sein Eigen zu nennen, lautet ein weit verbreitetes Lebensziel. Die Presse berichtet nicht zufällig jeden Tag über Börsenkurse, finanzielle Erfolge von Firmen, Gewinnmöglichkeiten bei finanziellen Anlagen, usw. Solche Informationen sind von einer immer grösser werdenden Zahl von Personen gefragt. Wer seinen finanziellen Reichtum maximieren möchte, kann demzufolge leicht Beurteilungskriterien für den Fortschritt finden und diesen sogar täglich überwachen!
Wenn nun eine Person ihre Zielsetzung zum Beispiel von der Gewinnmaximierung auf das Leben der Grundrechte des Seins ändert, so bedeutet dies natürlich noch lange nicht, dass diese Person kein Geld mehr zu verdienen braucht. Sie wird aber ihre Prioritäten, wie in den früheren Kapiteln besprochen, anders setzen. Die beiden Zielsetzungen «möglichst viel Geld haben» und das Leben der Grundrechte des Seins sind ab einem gewissen Entwicklungstand nicht mehr kompatibel miteinander.
Im konkreten Beispiel ist die Gefahr jedoch gross, dass man sich das Leben der Grundrechte des Seins als Ziel vornimmt, Fortschritte aber nach wie vor auch oder nur anhand des finanziellen Reichtums beurteilt. Man klammert sich somit immer noch an das alte Ziel, lässt es nicht richtig los, sondern möchte sowohl möglichst reich werden als auch die Grundrechte des Seins leben. Wie wir im Kapitel über die Zielsetzungen gesehen haben, bringt das Anstreben von nicht kompatiblen Zielsetzungen ab einem gewissen Punkt die Entwicklung völlig zum Stillstand1. Weder die Harmonie mit sich selbst noch der finanzielle Reichtum nehmen zu. Gegenüber der früheren Situation ist dies aus der Sicht der betroffenen Person möglicherweise ein deutlicher Rückschritt.
Persönliche Eigenschaften, welche man nicht in einem genau definierten Mass, wie zum Beispiel Kilogramm, Franken, Mark, Schilling, Meter, Grad, usw. messen kann, sind äusserst schwierig zu quantifizieren. Die wenigsten von uns haben Übung darin. Die folgende Liste soll deshalb Anregungen vermitteln, wie man die Fortschritte auf dem Weg zu Ruhe und Harmonie, zum höchsten menschlichen Ziel, beurteilen könnte. Diese Liste kann selbstverständlich beliebig erweitert werden. Die Reihenfolge der Punkte ist zufällig und soll keinesfalls eine Wertung darstellen.
- Freude am täglichen Leben: Stelle ich fest, dass ich mich immer häufiger über Dinge im Leben freuen kann? Kann ich das Leben immer besser geniessen? Nimmt meine Lebensfreude zu?
- Gleichmut in jeder Situation: Gibt es immer weniger Dinge, welche mich aus der Fassung bringen können? Ärgere ich mich immer seltener? Komme ich rascher wieder zur Ruhe nachdem ich mich geärgert habe?
- Vertrauen: Steigt mein Vertrauen in mich und in meine Zukunft? Habe ich immer seltener Angst vor irgend etwas? Gibt es Dinge oder Ereignisse, vor denen ich immer noch Angst habe?
- Harmonie und Ruhe: Stehe ich immer häufiger über der Sache? Bleibe ich auch in hektischen Situationen, unter Stress, innerlich und äusserlich ruhig? Fühle ich mich immer seltener gestresst?
- Bewerten: Kann ich andere Personen, Dinge und Ereignisse immer häufiger akzeptieren wie sie sind, ohne sie in gut oder schlecht einzuteilen?
- Selbstbestimmung: Tue ich jene Dinge, welche ich selbst aus ganzem Herzen tun will?
- Zielsetzung: Habe ich meine persönlichen Ziele (kurz- und langfristige) klar und schriftlich formuliert? Verfolge ich diese Ziele konsequent? Überprüfe ich die Fortschritte regelmässig und selbstehrlich?
- Gesundheit: Bin ich körperlich gesund und fit? Fühle ich mich gesund und fit? Kümmere ich mich um meine Gesundheit?
- Geistige Fitness: Bin ich geistig fit? Kann ich mit den neuen Entwicklungen auf der Erde mithalten?
- Entspanntheit: Fühle ich mich entspannt und locker – selbst wenn es turbulent zugeht?
- Authentizität: Nehme ich mich selbst an, so wie ich bin, mit allen Fehlern und Problemen oder gebe ich in gewissen Situationen vor, jemand anders zu sein? Bin ich in jeder Situation mich selbst?
- Priorität: Teile ich meine Zeit entsprechend meinen Prioritäten in den Zielsetzungen ein?
Um die eigene Entwicklung konkret verfolgen zu können, ist es empfehlenswert zu jedem der aufgezählten Punkte jene Fälle schriftlich festzuhalten, wo ein Änderungsbedarf besteht:
- Worüber kann ich mich nicht freuen in meinem Leben?
- Worüber ärgere ich mich?
- Wovor habe ich Angst bzw. worüber mache ich mir Sorgen?
- In welchen Situationen fühle ich mich gestresst?
- usw.
Aus dieser Negativliste sollten gewisse Einträge mit der Zeit gestrichen werden können. Im Laufe der persönlichen Entwicklung werden aber auch wieder neue Punkte dazukommen. Dies ist normal und sollte keinesfalls demotivierend wirken. Im Gegenteil: Es handelt sich um neue Herausforderungen auf unserem Lebensweg!
1) Wir haben dies damals anhand eines Bergsteigers gezeigt, welcher vom Dorf aus sowohl Gipfel A und C besteigen wollte. Da die beiden Gipfel auf verschiedenen Talseiten liegen, kann er sich nicht gleichzeitig beiden Gipfeln nähern. Besteigt er zuerst den Gipfel A, muss er den ganzen Weg zum Dorf zurückgehen, um danach den Gipfel C besteigen zu können.